Empfehlung bei der Erstversorgung von Fundtieren

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Kategorie: Aktuelles Tierärzte, Aktuelles Tierhalter

Merkblatt des Tierschutzausschusses der Tierärztekammer Nordrhein

Bei der Behandlung von herrenlosen Tieren oder Fundtieren in der tierärztlichen Praxis kommt es immer wieder zu Problemen bei der Abrechnung mit dem Tierüberbringer bzw. bei der Erstattung der Behandlungskosten durch die öffentliche Hand. Um diese vermeidbaren, zeit- und kostenintensiven Missverständnisse auf ein Minimum zu beschränken, empfehlen sich einige grundlegende Recherchen vor Ort.

 

Fundtiere zählen rechtlich zu den Fundsachen und sind zurzeit definiert als Tiere, die ihrem rechtmäßigen Besitzer abhanden gekommen oder weggelaufen sind. Lediglich für Fundsachen im Sinne des Fundrechts haben die Kommunen eine gesetzliche Aufbewahrungs- und Versorgungspflicht. Diese haben sie im Rahmen vertraglicher Vereinbarungen oftmals an Tierschutzvereine übertragen.

Für die Ausgestaltung dieser Vereinbarungen gibt es keine gesetzlichen Regelungen, so dass diese sich von Kommune zu Kommune sehr stark unterscheiden können. Wegen der fehlenden gesetzlichen Vorgaben werden von den Kommunen in der Regel dann auch nur für diejenigen Tiere – unter bestimmten Bedingungen – die Behandlungskosten übernommen, die in den vertraglichen Regeln mit dem Tierschutzverein exakt definiert und erfasst sind. Weil die Kommunen sich ihre Auslagen im Zusammenhang mit einer Fundtierversorgung vom Tierbesitzer zurückholen wollen und der Besitzer bei Katzen, Vögeln oder Kaninchen nicht so leicht zu ermitteln ist, gelten in manchen Kommunen sämtliche vertraglichen Regelungen leider nur für Hunde!

In den Verträgen könnte z. B. festgelegt sein, dass die Kosten für eine Fundtierbehandlung nur übernommen werden, wenn das für den Fundort zuständige Ordnungsamt unmittelbar (auch am Wochenende) verständigt wurde oder dass nur eine bestimmte Praxis für die Behandlung autorisiert wurde. Da es aber gerade außerhalb der üblichen Sprechzeiten oder im Rahmen des Notfalldienstes immer wieder zu Situationen kommt, die durch die üblichen Verträge nicht abgedeckt sind, sollten nachfolgende Ermittlungen durch jede potentielle Erstversorgungspraxis verletzter aufgefundener Tiere im Vorhinein durchgeführt werden.

 

– Ermittlung der Ansprechpartner des Ordnungsamtes der Kommune des Praxissitzes und der aller Praxissitze im Einzugsbereich des Notfalldienstes einschließlich der jeweiligen Bereitschaftsregelungen außerhalb der üblichen Dienstzeiten.

– Ermittlung der örtlichen Bedingungen zur Fundtierversorgung (Kopie des Vertrags zwischen Ordnungsamt und Tierheim bzw. Tierschutzverein) im gesamten Einzugsbereich des Notfalldienstes.

– Ermittlung aller relevanten Ansprechpartner von Tierheimen und Tierschutzvereinen im Notfalldiensteinzugsbereich.

– Absprache abweichender Regelungen im Falle einer Notfall-/Erstversorgung verletzter Fundtiere mit dem jeweiligen Ordnungsamt (ggfls. durch die Kreisstellenvorsitzenden).

 

Unabhängig von den obigen Punkten sind bei verletzten Fundtieren die Adresse des Finders, genauer Ort, Zeitpunkt und die Umstände des Fundes immer detailliert zu ermitteln und zu dokumentieren. Nur dann hat man eine Chance, die Behandlungskosten erstattet zu bekommen.

Die Kommunen legen verständlicherweise großen Wert auf diesen letzten Punkt, da in den wirtschaftlich angespannten Zeiten mancher Tierhalter auf den Gedanken kommt, sein eigenes Tier als Fundtier auf Kosten der Allgemeinheit behandeln zu lassen. Durch die genaue Dokumentation werden die Kommunen in die Lage versetzt, den tatsächlichen Sachverhalt und den tatsächlichen Halter zu ermitteln.

 

Außerhalb der vertraglichen Regelungen der einzelnen Kommunen sind selbstverständlich nur die Kosten einer echten Notfallerstversorgung einschließlich notwendiger Diagnostik nach der GOT abzurechnen. Hierbei sind allerdings auch die einschlägigen gesetzlichen Regelungen zum Tierschutz zu beachten und bei Verdacht auf entsprechende Verstöße das zuständige Veterinäramt einzuschalten. So kann es nicht angehen, wie angeblich vorgekommen, dass die Erstversorgungspraxis nach Rücksprache mit der Kommune lediglich eine Sedierung vornehmen durfte, damit der Transport des Fundtieres zur preisgünstigeren Diagnostik in der autorisierten Vertragspraxis halbwegs rechtskonform vonstatten gehen kann. Schließlich sind erst nach einer korrekten Diagnose eine fachliche Prognose und tierschutzkonforme Versorgung oder ggfls. eine Euthanasie möglich.

 

Nach diesen Ausführungen sollte allerdings auch klar sein, dass Behandlungen von Wildtieren (Rehe, Wildschweine, Füchse, Marder, Igel, Jungvögel, „wilde“ Katzen…) nicht durch die Kommunen übernommen werden. Bei entsprechenden guten Kontakten findet sich vielleicht ein Tierschutzverein mit entsprechender Wildabteilung (Igelzentrum, Jungvogelspezialist), der sich dieser Tiere annimmt, oder man verbucht sie unter der tierärztlichen Berufsordnung bzw. seinem Berufsethos.

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